Milde Strafen für Müll-Ganoven von Markendorf

Die vier Haupttäter im sogenannten Markendorf-Komplex wurden zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt. Wegen „rechtsstaatswidriger Verzögerung“ fiel das Urteil des Landgerichts Potsdam glimpflich aus.

Das größte schwarze Dreieck stellt die Kiesgrube und illegale Deponie Markendorf dar. An den beiden anderen markierten Stellen betrieben die Müll-Ganoven Umschlagplätze und Zwischenlager. Ihr Dreck liegt heute noch an allen drei Orten. Für mehr Infos klicken Sie bitte auf die Karte.

Jahrelang schob das Landgericht Potsdam einen der größten Müllprozesse Brandenburgs vor sich her. Am gestrigen Donnerstag (28.7.) nun wurden die vier Haupttäter im sogenannten Markendorf-Komplex zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt. Hätte sich das Gericht früher mit ihren schmutzigen Geschäften befasst, wären sie wohl nicht so glimpflich davon gekommen.

Neun Jahre ist es mittlerweile her, dass die Machenschaften der Müll-Ganoven aufgeflogen sind. Über Monate hinweg hatten sie Hausmüll, alte Folien, Krankenhausabfälle, Elektroschrott, mit Schadstoffen belasteten Abbruch und anderen gefährliche Überreste in die Kiesgrube Markendorf bei Jüterbog (Teltow-Fläming) geschüttet. Statt sie teuer zu entsorgen, haben sie sie einfach im märkischen Sand verscharrt. Insgesamt 70 000 Kubikmeter sollen es laut Gericht am Ende gewesen sein – mindestens. Das ganze Ausmaß lässt sich offenbar nicht bestimmen. Der Dreck liegt viele Meter tief vergraben.

Whistleblower packt aus

Ans Licht kam die ganze Sache nur, weil Frank Oliver H., Mitbesitzer der Kiesgrube, nicht länger mitmachen wollte und auspackte. H. ist einer der vier Beschuldigten, die bis gestern auf der Anklagebank saßen. Vor der Urteilsverkündung erinnerte er die Strafkammer daran, dass er es war, der die Müllsünde bei den Behörden meldete. Das Gericht ging schonend mit dem Whistleblower um und belegte ihn mit einer Geldstrafe im mittleren vierstelligen Bereich.

Härter fiel das Urteil bei Tino D. aus. Die Hälfte des verklappten Mülls geht auf sein Konto. Das Landgericht hat den Entsorgungsunternehmer aus Berlin als treibende Kraft ausgemacht und zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verdonnert, ausgesetzt zur Bewährung. „Er hat die Geschäftsidee entwickelt“, begründete der Vorsitzende Richter seine Entscheidung.

D. heckte den Plan aber nicht allein aus. Mit Helmar G., einem Müllmakler aus Brandenburg, hatte er jemanden an seiner Seite. Zusammen gründeten sie die Firma Pro Terra, die den Kiestagebau pachtete und ihn in die schwarze Müllkippe verwandelte. Allzu wichtig war G. aber offenbar nicht. Das Gericht konnte ihm jedenfalls nur wenige Tausend Kubikmeter Müll ankreiden und beließ es bei einer vierstelligen Geldstrafe. (Update Juni 2017: Ausgerechnet G. geht in Berufung.)

Grubenbesitzer drängt Makler aus dem Geschäft

Ganz anders urteilte das Gericht dagegen bei Thomas K., ebenfalls Eigentümer der Kiesgrube. Als er mitbekommen hatte, was sich in der Grube abspielte, wollte er groß abkassieren. „Er erkannte, dass es für ihn ein lukratives Geschäft ist“, sagte der Richter.

K. übernahm demnach das Kommando in der illegalen Deponie. Sein Regime bekam G. besonders zu spüren, wie sich in der Verhandlung am Landgericht herausstellte. K. hatte ihn schon nach kurzer Zeit aus dem Geschäft gedrängt und unter Androhung von körperlicher Gewalt vom Grubengelände gejagt. „Ohne sein Ja oder Nein lief nichts in der Grube“, so der Richter. Er verurteilte Grubenchef K. zu einem Jahr und neun Monaten. Obwohl der wegen einer anderen Straftat bereits vorbelastet ist, wurde auch diese Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.

Informant Frank Oliver H., Entsorger Tino D., Müllmakler Helmar G. und Grubenchef Thomas K. sind die Haupttäter. Aber sie sind nicht die einzigen, die in Markendorf Müll verklappten. Auch ihre Mitarbeiter und andere Entsorger, darunter einschlägige Müllschieber, machten mit. Sie wurden bereits in der Vergangenheit zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt. Ein Mitarbeiter des Landesbergbauamtes, der wegen Korruption angeklagt war, wurde hingegen, wie berichtet, freigesprochen.

Die Hauptverhandlung, die gestern endete, stellte auch den Abschluss des gesamten Komplexes dar. Warum erst neun Jahre ins Land gehen mussten, ehe der Fall juristisch aufgearbeitet wurde, begründete der Richter mit der „hohen Arbeitsbelastung“ des Gerichts. Diese „rechtsstaatswidrige Verzögerung“ habe neben den Geständnissen der Angeklagten zu einem „erheblichen Abschlag“ beim Strafmaß geführt.

Aktenzeichen: 21 KLs 1/16