Das Erbe des Müll-Paten: Ein nicht enden wollendes Desaster

Der Gang durch die Instanzen war nicht vergeblich. So beginnt ein Bericht der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) über die nun doch erfolgreiche Schadensersatzklage der Gemeinde Rosenau gegen Bernd R., den Müll-Paten von Potsdam-Mittelmark. Doch was ist dieser Sieg wirklich wert? Eine Einordnung.

Am Landgericht wurde die Klage noch abgewiesen. Jetzt aber bestätigte das Kammergericht als höchste Instanz im Gerichtsbezirk Berlin den Anspruch der Gemeinde Rosenau auf Ersatz des Schadens, den R. vor rund zehn Jahren angerichtet hat. Dieser Schaden ist sehr groß, vor allem für die Umwelt. Die Folgen sind bis heute zu spüren. Gegenmaßnahmen lassen auf sich warten.

Der Müll in Zitz rottet noch immer vor sich hin – und belastet das Grundwasser. Bildquelle: muellparadies.de

Im konkreten Fall vor dem Kammergericht ging es um die Altdeponie Zitz. Statt diese Altlast aus DDR-Zeiten zu sanieren, wie vorgesehen, schob R. noch mehr Müll hinein, insgesamt 142.000 Kubikmeter. Der finanzielle Schaden wird in dem MAZ-Bericht mit mehr als drei Millionen Euro beziffert. In einer früheren Schätzung hieß es, dass es fast 30 Millionen Euro kosten würde, den Müll komplett wieder auszugraben und ordnungsgemäß zu entsorgen. Ein Komplettausbau ist vermutlich aber gar nicht vorgesehen.

Für das Verklappungsgeschäft in Zitz und wegen weiterer Verbrechen wurde Bernd R. zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Diese Strafe hat er mittlerweile verbüßt. Nach dem Urteil des Kammergerichts müssten ihn seine Taten nun auch finanziell teuer zu stehen kommen. Doch der Mann ist schon pleite. Seine Firmen, mit denen er die dreckigen Geschäfte abwickelte, sind bankrott. Die Millionen, die er eingenommen haben soll, sind verschwunden. Auch als Privatperson ist er insolvent. Demzufolge ist stark zu bezweifeln, dass die Gemeinde Rosenau je auch nur einen Cent von ihm sehen wird. So gesehen ist der juristische Sieg, den die Kommune nun errungen hat, wertlos.

Der Anwalt Dirk Stieger, der die Gemeinde in dem Verfahren gegen Bernd R. vertritt, betrachtet das Urteil offenbar dennoch als Erfolg. „Ob aus dem Privatvermögen etwas für die Kommune zu holen ist, steht auf einem anderen Blatt“, sagte er der MAZ. Da stellt sich die Frage, um was es der Gemeinde überhaupt geht – wenn nicht ums Geld. Um die erneute Feststellung der Schuld? Um späte Genugtuung?

Als die Schadensersatzklage in erster Instanz fehlschlug, soll Ramona Mayer, Direktorin der Amtsverwaltung, an die Gemeindevertreter appelliert haben, das Verfahren fortzuführen. Niemand solle den Kommunalpolitikern vorwerfen können, sie hätten nicht alles versucht, um den Verursacher des Desasters zur Rechenschaft zu ziehen. Als ginge es um ein reines Gewissen, als sei das „Desaster“ längst überstanden. Das ist es mitnichten.Es spielt sich noch immer ab. Der Müll liegt noch immer dort, wo ihn Bernd R. vor mehr als zehn Jahren verklappt hat. Der Dreck schadet der Umwelt. Was sie dagegen unternehmen, das müssen sich die Kommunalpolitiker fragen und fragen lassen. Sie sind heute dafür verantwortlich.

Grundwasserverschmutzung: Hoffen auf das Land

Einem Untersuchungsbericht des Landkreises Potsdam-Mittelmark zufolge, den muellrausch.de auszugsweise unter diesem Text veröffentlicht, hat Bernd R. große Mengen Plastikmüll direkt im Grundwasserbereich vergraben. Daneben und darüber rottet noch jede Menge mehr vor sich hin, auch gefährliche Abfälle.

„Das Schutzgut Grundwasser ist stark belastet“, konstatiert der Bericht. Bei Sulfat, Ammonium, Phenol, Kupfer und anderen Stoffen wurden zu hohe Konzentrationen festgestellt. „Aufgrund der ungesicherten Standortsituation ist von einer fortgesetzten Lösung der Schadstoffe auszugehen“, heißt es weiter. Die Gemeinde Rosenau streitet demnach für den Ersatz eines Schadens, den sie noch immer nicht behoben hat und der offenbar immer größere Ausmaße annimmt. Eine Sanierung ist überfällig.

Anwalt Stieger hofft nach dem neuesten Gerichtsurteil „mit einem Kostentitel Gehör beim Land für eine finanzielle Beteiligung zu finden“. Man fragt sich, woher er diese Hoffnung nimmt. Im neuen Doppelhaushalt sind zwar rund sieben Millionen Euro für die Begutachtung und Sanierung illegaler Halden vorgesehen. Doch dieses Geld ist so gut wie verplant, etwa für die Abfalllberge in Jänickendorf und Neuendorf.

Außerdem hat die Regierung in Potsdam längst festgelegt, für welche der mehr als 100 schwarzen Deponien in Brandenburg das Land zuständig ist. Die Hinterlassenschaft von Bernd R. in Zitz gehört nicht dazu. Zwar hatten die Landkreise gegen diese Festlegung geklagt. Im Mai 2016 sind sie mit ihrer Klage aber am Oberverwaltungsgericht endgültig gescheitert. Seitdem ist die Verantwortung klar verteilt und es deutet bislang nichts darauf hin, dass die Landesregierung mehr davon übernehmen möchte. Die Kreise und Gemeinden stehen mit ihren kostspieligen Problemen allein da.

Untersuchungsbericht (Text)