Aufklärung, Forschung und mehr Ressourcen erforderlich
Im Rahmen der Prävention sieht Artikel 16 geeignete Maßnahmen vor, zu denen beispielsweise Informations- und Sensibilisierungskampagnen sowie Forschungs- und Bildungsprogramme gehören. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Aufklärung und Eindämmung von Umweltkriminalität zu fördern. Erforderlich sind staatlich geförderte Forschungsprogramme, in denen die Strafverfolgungsbehörden im Verbund mit Hochschulen und Universitäten Handlungsbedarfe analysieren und evidenzbasierte Lösungen erarbeiten und kommunizieren. In diesem Zusammenhang ist auch die situative Kriminalprävention zu nennen, die in den Zuständigkeitsbereich der Strafverfolgungsbehörden fällt.
Ein wesentlicher Aspekt findet sich in Artikel 17, der sich mit den Ressourcen befasst und über eine Reform des Strafrechts hinausgeht. So wird in der Richtlinie festgestellt, dass ein Mangel an Ressourcen und mangelnde Durchsetzungsbefugnisse der für die Aufdeckung, Untersuchung, strafrechtliche Verfolgung und gerichtlichen Entscheidung über Umweltstraftaten zuständigen Behörden ein Hindernis für die wirksame Verhütung und Verfolgung solcher Straftaten darstellt.
Mangelnde Ressourcen können insbesondere dazu führen, dass die zuständigen Behörden nicht in der Lage sind, angemessen zu handeln, oder dass sie gezwungen sind, ihre Durchsetzungsmaßnahmen einzuschränken. Dies kann es den Tätern ermöglichen, sich ihrer Verantwortung zu entziehen oder eine Strafe zu erhalten, die nicht der Schwere der Straftat entspricht. Es ist sicherzustellen, dass die Behörden, d.h. die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte, über genügend qualifiziertes Personal und ausreichende finanzielle, technische und technologische Ressourcen verfügen. Darüber hinaus ist zu evaluieren, ob eine weitere Spezialisierung dieser Behörden im Bereich des Umweltstrafrechts im Einklang mit der nationalen Rechtsordnung erforderlich ist. Unter der Berücksichtigung der oben genannten Straftatbestände und unter Einbeziehung der einzusetzenden Ermittlungsinstrumente wird deutlich, dass im Rahmen der Ressourcen grundsätzliche Überlegungen anzustellen sind.
Auf den monetären Bereich bezogen wurden im Vorfeld von Markus Busch, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, folgende Überlegungen angestellt: „Die Personalmehrkosten für die mit der Richtlinie bezweckte Verbesserung des wirksamen Funktionierens der Durchsetzungskette veranschlagt die Kommission in ihrem Vorschlag für alle Mitgliedstaaten auf ca. vier Mio. Euro, die allerdings nur die staatsanwaltschaftlichen Personalmehrkosten widerspiegeln und zu denen die in der Rechtsfolgenabschätzung ausgewiesenen Personalmehrkosten bei der Polizei von 190 Millionen Euro addiert werden müssen (…).“
Artikel 18 der Richtline betrifft die Aus- und Fortbildung. Danach treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Richter, Staatsanwälte, Polizeibeamte und Angehörige der Behörden, die an Strafverfahren und Ermittlungen mitwirken, regelmäßige Schulungen in Bezug auf die Ziele dieser Richtlinien erhalten. Gute Erfahrungen wurden 2017 mit der Fachtagung Umweltstrafrecht in der Justizakademie Königs Wusterhausen gemacht, bei der Richter, Staatsanwälte und Polizeibeamte aus Berlin und Brandenburg zusammenkamen und sich über neueste Erkenntnisse aus dem Europarecht, dem Strafrecht, dem Strafprozessrecht und der Ermittlungspraxis austauschten. Solche Veranstaltungen sollten fortgesetzt und verstetigt werden.
Nordrhein-Westfalen mit Vorreiterrolle
Die nächste Aufforderung betrifft gemäß Artikel 19 die Entwicklung geeigneter Mechanismen für die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden auf strategischer und operativer Ebene. Diese sollen den Austausch von Informationen, die Beratung bei einzelnen Ermittlungen, den Austausch bewährter Verfahren und die Unterstützung europäischer Netzwerke zur Bekämpfung von Umweltkriminalität gewährleisten.
In Brandenburg werden jährliche Treffen mit den Umweltverwaltungsbehörden und der Polizei von der Staatsanwaltschaft Cottbus organisiert. Neben der Sensibilisierung der Teilnehmer für die Thematik wurden die oben genannten Punkte in den örtlichen Zuständigkeiten abgestimmt. Als weitere Umsetzungsformen werden spezialisierte Koordinierungsstellen, Absichtserklärungen zwischen den zuständigen Behörden, nationale Durchsetzungsnetzwerke und gemeinsame Fortbildungsmaßnahmen genannt.
Eine Form der Umsetzung des Art. 19 der Richtlinie erfolgte bereits seit Januar 2024 im Land Nordrhein-Westfalen durch die Einrichtung einer Vernetzungsstelle gegen Umweltkriminalität im LKA NRW. Ziel der Vernetzungsstellen ist es, gemeinsam mit den beteiligten Netzwerkpartnern einheitliche Konzepte zur Bekämpfung, Verfolgung und Prävention von Umweltkriminalität zu entwickeln. Durch die neue Stelle sollen die an der Bekämpfung von Umweltstraftaten beteiligten Behörden enger miteinander vernetzt werden. Dazu gehören u.a. das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz, die Bezirksregierungen, die Wasserschutzpolizei und die Feuerwehr.
Bereits im November 2023 hat die Zentralstelle für die Verfolgung von Umweltkriminalität in Nordrhein-Westfalen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund (ZeUK NRW) ihre Arbeit aufgenommen. Sie bearbeitet herausgehobene Umweltstraftaten in NRW, wirkt in Gremien und Netzwerken mit, unterstützt die Aus- und Fortbildung und ist Ansprechpartner für u.a. Behörden und Verbände. Das Land NRW hat eine Vorreiterrolle übernommen. Was in den einzelnen Bundesländern umgesetzt wird, ist auch auf nationaler Ebene mit internationalen Vernetzungen erforderlich.