Neue illegale Deponie in Brandenburg – 120.000 Tonnen Müll in Tagebau verklappt

EXKLUSIV Das Land Brandenburg hat wieder eine illegale Deponie mehr. Rund 120.000 Tonnen Hausmüll und Bauabfall wurden in einem Tontagebau in der Niederlausitz entdeckt. Die zuständige Behörde weiß von der schwarzen Halde schon seit Längerem. Die Landesregierung in Potsdam aber weiß offenbar von nichts. Jedenfalls hat sie über den Fall bislang nichts an die Öffentlichkeit dringen lassen.

Im Spätsommer 2015 zog es die Mitarbeiter eines Berliner Ingenieurbüros in den Süden Brandenburgs. Sie hatten den Auftrag, einen langgehegten Verdacht zu überprüfen: In einem Tontagebau rund 50 Kilometer südwestlich von Cottbus soll eine illegale Deponie betrieben worden sein.

Offenbar gab es kaum noch Zweifel, dass in der Grube Müll verklappt wurde. Denn die genaue Mission, die den Ingenieuren aufgetragen worden war, lautete: „Vor-Ort-Begleitung der Probenahme von illegal entsorgtem Abfall im Tontagebau Sallgast SW1 und Erstellung einer Gefährdungsabschätzung“. Auftraggeber war das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR), die für die Genehmigung und Überwachung des Tagebaubetriebs zuständige Behörde.

Müll unter Sand versteckt

Die Probenehmer mussten sich durch Sand und Steine in den Boden schaufeln. Nach einem, zwei, drei oder manchmal auch erst nach vier Metern wurden sie in dem Tagebau fündig. Sie stießen auf geschredderten Hausmüll, etwa Reste von Lebensmittelverpackungen, auf Holz, Metall, Schaumstoff und andere Abfälle, wie sie gewöhnlich auf Baustellen anfallen. Insgesamt rund 120.000 Tonnen Dreck, wie die Ingenieure in ihrer Gefährdungsabschätzung ausrechnen.

Die bloße Masse entspricht dem jährlichen Müllaufkommen einer Stadt mit rund 200.000 Einwohnern. In LKW-Ladungen umgerechnet sind es rund 5000 Lieferungen, die in die Grube gekippt wurden. Heute modert der Müll dort weiter vor sich hin.

Die Gutachter gehen davon aus, dass sich die Einlagerung zwischen den Jahren 2006 und 2009 abgespielt hat. Tagebaubetreiber zu dieser Zeit war die Firma Keraton GmbH aus dem südbrandenburgischen Plessa.

Dreckloch muss überwacht werden

Die illegale Deponie ist groß, der Müll mit Schadstoffen belastet. Doch eine Gefahr für Menschen und die Umwelt besteht laut den Ingenieuren derzeit nicht. Allerdings empfehlen sie in ihrem Gutachten, das Dreckloch länger und vor allem genauer zu überwachen. Sie schlagen vor, das begonnene Grundwassermonitoring fortzuführen und das Messstellennetz auszubauen.

Sechs neue Messstellen und das Monitoring würden 31.000 Euro kosten. Das ist billiger als den Müll wieder komplett auszubuddeln und fachgerecht zu entsorgen. Eine Komplettentsorgung würde den Gutachtern zufolge rund neun Millionen Euro verschlingen.

Die „Gefährdungsabschätzung für den Tontagebau Sallgast SW1“ liegt dem Rechercheblog muellrausch.de vor. Sie ist auf den 1. Februar 2016 datiert. Fast vier Monate später, Ende Mai 2016 gab Brandenburgs Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) eine „aktualisierte Liste“ mit illegalen Deponien im Land heraus. Der Tontagebau Sallgast kommt darin nicht vor. Bis heute hat die Landesregierung auch bei keiner anderen Gelegenheit diese schwarze Halde auch nur mit einem Wort erwähnt.