Korruption bei der MEAB: Verschleppt der angeklagte Ex-Chef den Prozess?

Der Korruptionsprozess gegen den früheren Chef der landeseigenen Entsorgungsfirma MEAB entwickelt sich zur Geduldsprobe. Der Mann, der Millionen an Schmiergeld kassiert haben soll, ist nur bedingt verhandlungsfähig. Jetzt wurde das Verfahren gegen ihn ausgesetzt – nicht zum ersten Mal.

Die Hiobsbotschaft kam verspätet, aber sie kam. Es war der erste Dienstag im März. Staatsanwaltschaft und die Vorsitzende Richterin schauten bereits ungeduldig auf die Uhr. Die Verhandlung hätte vor ein paar Minuten beginnen sollen. Der Angeklagte im Korruptionsprozess um die MEAB, die gemeinsame Entsorgungsfirma der Länder Berlin und Brandenburg, aber war nicht da.

In Saal 1 des Landgerichts Neuruppin herrschte Ungewissheit, als plötzlich der Anwalt des Beschuldigten eintrat. Sein Mandant könne nicht kommen. Herr M. sei verhandlungsunfähig, sagte er und legte die Bescheinigung eines Krankenhauses hervor. Auf Ungewissheit folgte Ungläubigkeit.

Die Richterin erzählte, dass sie noch am Vortrag mit dem Krankenhaus telefoniert habe und anschließend davon ausgegangen sei, dass die Verhandlung stattfinden könne. Offenbar hat sich der Gesundheitszustand des Angeklagten über Nacht verschlechtert. Die Staatsanwaltschaft reagierte ungehalten: „Immer wenn es ernst wird, geht es ihm schlechter.“

Die Vorwürfe, die die auf die Verfolgung von Korruptionsstraftaten spezialisierte Strafverfolgungsbehörde aus Neuruppin gegen Dirk-Uwe M. erhebt, sind sehr ernst. Sie hat den mittlerweile 70-Jährigen wegen Bestechlichkeit in 113 Fällen angeklagt. In einer zweiten Anklage wirft sie ihm Steuerhinterziehung in sieben besonders schweren Fällen vor. M. soll in seiner Zeit als Geschäftsführer der Märkischen Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft (MEAB) zwischen 2012 und 2019 Schmiergeld in Millionen-Höhe kassiert und die Einnahmen vor dem Fiskus verschwiegen haben. Ihm droht ein Lebensabend im Gefängnis.

Jedoch kommt der Prozess gegen den früheren MEAB-Chef nicht voran. Zwei Mal schon wurde die Verhandlung eröffnet, beide Male wieder abgebrochen. Vor kurzem startete das Landgericht Neuruppin einen neuen Anlauf. Nach nur drei Verhandlungstagen folgte der nächste Abbruch. Ein Abschluss ist nicht in Sicht. 

Begonnen hat der Gerichtsmarathon im Dezember 2022. Damals saßen neben M. noch vier andere Männer auf der Anklagebank. Von Anfang an war klar, dass sich die Verhandlung in die Länge ziehen würde. Der Fall ist komplex. Immerhin konnten erste Zeugen gehört werden. Doch dann starb eine Schöffin. Danach musste alles von vorn beginnen.

Beim zweiten Versuch kamen erstmals gesundheitliche Probleme von M. dazwischen. Seinem Anwalt zufolge hatte er sie schon länger mit sich herum getragen. Nun aber waren sie so groß, dass er über Monate nicht verhandlungsfähig war. Das Gericht zog die Reißleine und setzte auch dieses Verfahren aus.

Die Verfahren gegen die anderen Beschuldigten verhandelte es von fortan separat. Anfang des vergangenen Jahres haben die Geldgeber ausgepackt. Drei Urteile sind rechtskräftig. Lediglich in einem Fall wurde Revision eingelegt.

Die Vorsitzende Richterin ging bis zuletzt offenbar davon aus, dass sie auch in dem Verfahren gegen M. bald zu einer Entscheidung kommen würde. „Wir haben eine sehr gute Beweislage“, sagte sie in Anspielung auf die Geständnisse der Geldgeber. 

Staatsanwaltschaft Neuruppin: „Immer wenn es ernst wird, geht es ihm schlechter.“

Zur Beweisaufnahme sollte es im dritten Anlauf allerdings nicht kommen. Weil M. der Verhandlung Anfang März fern blieb, konnte nicht einmal mehr die Anklage wegen Steuerhinterziehung verlesen werden. Die Staatsanwaltschaft zeigte wenig Verständnis. Vielmehr deutete sie mehrfach den Vorwurf an, dass M. den Prozess verschleppen wolle.

„Wäre die Schöffin nicht gestorben, wären wir schon durch“, entgegnete der Anwalt von M. Das jüngste Verfahren beschrieb er als „unwürdig“. Sein Mandant sei an den ersten beiden Verhandlungstagen durch den Gerichtssaal „gewankt“. Ein medizinischer Sachverständiger hatte zuvor festgestellt, dass M. wegen seiner angeschlagenen Gesundheit maximal vier Stunden am Tag verhandlungsfähig sei.

Auch mit Blick auf seinen vollen Terminkalender schlug der Rechtsanwalt vor, dass Verfahren erneut auszusetzen und erst später, wenn sich sein Mandant erholt und er einen Kollegen als zweiten Verteidiger hinzugezogen habe, wieder aufzunehmen.

Die Staatsanwaltschaft reagierte abermals empört: „Ich habe das Gefühl, dass sich die Gerichtsverhandlung ihrem Geschäftsbetrieb anpassen muss“, schimpfte ein Ankläger.

Auch bei der Richterin kam der Vorschlag zunächst nicht gut an. Sie terminierte die Verhandlung bis Ende Juli durch. Schon in zwei Tagen sollte der nächste Termin über die Bühne gehen. Doch dazu kam es nicht.

Alle Termine wurden mittlerweile wieder aufgehoben und das Verfahren tatsächlich zum dritten Mal ausgesetzt. Das bestätigte eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage. Wann der Korruptionsprozess gegen M. wieder aufgenommen wird, ist unklar. Für einen vierten Anlauf gibt es bislang keinen Termin.

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