In vielen Ländern der Europäischen Union dürfen Hausmüll und andere sog. kommunale Abfälle noch deponiert werden. In Polen waren es laut einer Erhebung für das Jahr 2020 rund 40 Prozent. In Tschechien landen sogar fast die Hälfte der Siedlungsabfälle auf offenen Deponien. In Deutschland wird dagegen schon seit 2005 kein Hausmüll mehr deponiert.
Wir fragen uns: Nutzen Kriminelle das Gefälle innerhalb der EU aus, um Abfälle aus Deutschland auf regulären Deponien im Ausland verschwinden zu lassen?
Bei unserer Recherche für den ZDF-Film „Dreckige Deals mit deutschem Müll“ finden wir auf einer tschechischen Deponie Verpackungsmüll aus Deutschland, eine PET-Flasche und die Reste von einem Joghurtbecher.
Beim Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) ist man wenig überrascht von solchen Funden. „Auch Kunststoffabfälle aus Deutschland landen gelegentlich auf Deponien“, sagt BDE-Präsident Peter Kurth im Film. Auf die Frage, ob das legal sei, antwortet Kurth: „Auf gar keinen Fall ist das legal. Das ist ein Verbrechen.“ Er und sein Verband fordern schon seit Längerem ein europaweites Deponieverbot. Hausmülldeponien seien Methangasschleudern, die nicht zu einem klimaneutralen Europa passten, so Kurth. Und weiter:
Wenn Sie die Deponien gar nicht mehr haben, dann wird das auch mit der illegalen Verbringung schwieriger.
BDE-Präsident Peter Kurth (31.05.2023, ZDF)
Doch handelt es sich bei der illegalen Entsorgung von deutschen Abfällen auf regulären Deponien im Ausland nur um Einzelfälle oder steckt dahinter womöglich ein ausgeklügeltes und weit verbreitetes System?
Folgende Rechercheergebnisse deuten auf Letzteres hin:
- Der Papierwechsel: In Tschechien etwa darf zwar noch deponiert werden, aber nur tschechischer Müll. Deutscher Siedlungsmüll darf nicht deponiert werden, weder in Deutschland noch im Ausland. Wie einfach es aber ist, die Herkunft von Abfällen zu verschleiern beziehungsweise deutschen Müll in tschechischen Müll umzuwandeln, haben wir im ZDF-Film recherchiert.
- Die tschechische Umweltbehörde ČIŽP: Auf Anfrage hat uns ČIŽP mitgeteilt, dass es in den letzten Jahren tatsächlich zur Ablagerung ausländischer Abfälle auf Deponien in Tschechien gekommen sei. Zu Ausmaß und konkrete Fällen machte die Behörde keine Angaben. Allerdings spielt offenbar der Trick mit dem Wechsel der Frachtpapiere eine entscheidende Rolle:
Die Verantwortung der Deponiebetreiber ist schwer nachzuweisen, da während des Transports die Dokumente für den grenzüberschr…