Illegale Entsorgung in der Kiesgrube Warsow: Brüder widerrufen ihre Geständnisse

Das Landgericht Potsdam wollte den Fall der Brüder Silvio und Dirk R. endlich zu einem Abschluss bringen. Doch daraus wurde nichts. Die beiden Entsorgungsunternehmer aus dem Havelland haben ihre Geständnisse widerrufen. Sieben Jahre nach Auffliegen ihrer Machenschaften in einer Kiesgrube nordwestlich von Berlin ist ein rechtskräftiges Urteil noch immer nicht in Sicht.

Es ist ein Spiel auf Zeit. Und die läuft für die Müll-Mafia. Je länger ein Strafverfahren andauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Justiz in Brandenburg milde mit den Müll-Ganoven umgeht. Das hat die Vergangenheit schon oft gezeigt. Und so wird es vermutlich auch dieses Mal kommen.
Dabei hätte der Fall von Silvio und Dirk R. längst im Archiv ruhen können. Denn die beiden Brüder hatten bereits Geständnisse abgelegt: Demnach verklappten sie in einer Altdeponie, die sie eigentlich rekultivieren sollten, unerlaubterweise Abfall. Bis ins Jahr 2009 hinein missbrauchten sie außerdem den Kiessandtagebau Warsow bei Friesack als schwarze Halde. Diese Müllgrube stellt nun eine Gefahr für die Umwelt dar. „Es ist von einer deutlichen Beeinträchtigung des Grundwassers auszugehen“, heißt es in einem Gutachten. Den Dreck wieder aus dem märkischen Sand heraus zu buddeln und fachgerecht zu entsorgen, würde fast neun Millionen Euro kosten.

700.000 Euro als Wiedergutmachung

2009 flogen die illegalen Entsorgungspraktiken von Silvio und Dirk R. auf. Drei Jahre später verurteilte das Landgericht Potsdam die beiden Männer zu jeweils zwei Jahren Haft auf Bewährung. Des Weiteren sollten sie insgesamt 700.000 Euro aus ihrem eingefrorenen Vermögen zur Wiedergutmachung einbringen.
Der Fall schien damit erledigt. Endlich ein Müll-Prozess weniger. Doch bis heute ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Die Gebrüder R. legten zunächst Revision ein. Offenbar fiel das Strafmaß härter aus, als sie es nach ihren Geständnissen erwartet hatten. Jedenfalls landete der Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH überwies ihn zurück nach Potsdam.
Weitere vier Jahre sind inzwischen ins Land gegangen. Nun wollte das Gericht zu einem Ende kommen und setzte in der ersten Novemberhälfte gleich fünf Verhandlungstermine an. Die Sache sollte jetzt schnell über die Bühne gehen. Doch abermals kam es anders.

Aufarbeitung muss von vorn beginnen

Einen Tag vor dem ersten Termin zogen die Entsorgungsunternehmer ihre Geständnisse zurück. Das Landgericht Potsdam hat daraufhin alle Verhandlungstermine gestrichen. Zu den Gründen für den Widerruf wollte sich Silvio R. nicht öffentlich äußern. „Dazu sage ich nichts.“ Auch auf Nachhaken war er zu keiner Erklärung zu bewegen. „Ich beantworte keine Fragen“, sagte er am Telefon und legte auf.
Vorläufig werden die Entsorgungsunternehmer aus dem Havelland auch im Gerichtssaal keine Fragen beantworten müssen. Mit der Neuansetzung des Verfahrens ist in diesem Jahr jedenfalls nicht mehr zu rechnen, wie eine Gerichtssprecherin sagt.
Die Aufarbeitung wird von vorn beginnen müssen – und dürfte schwieriger werden. Nicht nur, dass Erinnerungen von Zeugen über die Jahre verblassen. Problematisch für die Anklage ist auch, dass ein Sachverständiger, auf den sie sich stützt, mittlerweile verstorben ist.

Az.: 24 KLs 2/14

Die illegale Deponie Warsow (unten) liegt direkt neben einer anderen, noch größeren illegalen Deponie. Für mehr Infos klicken Sie bitte auf die Karte.