Der nächste Müllrausch in Brandenburg ist ein Deponieboom. Rund ein Dutzend Deponieprojekte befinden sich aktuell in Planung. Weitere könnten folgen.
Geplante Deponieprojekte
- Alt Golm: neue Deponie im Kiessandtagebau Alt Golm
- Alt Golm: Erweiterung der KWU-Deponie „Alte Ziegelei“
- Deetz: Erweiterung der MEAB-Deponie Deetz
- Eisenhüttenstadt: Erweiterung der Grube Präsident, Deponieklasse II
- Eisenhüttenstadt: Erweiterung der Grube Präsident, Deponieklasse I
- Löwenberger Land: neue Deponie in der Kiesgrube Neuendorf
- Luggendorf: neue Deponie in der Kiesgrube Luggendorf
- Michendorf: neue Deponie in der Kiesgrube Fresdorfer Heide
- Niederlehme: neue Deponie in einer Kiesgrube
- Pinnow: Erweiterung der UGD-Deponie
- Schöneiche: Erweiterung der MEAB-Deponie Schöneiche, Klasse I
- Schöneiche: Erweiterung der MEAB-Deponie Schöneiche, Klasse II
- Zossen: neue Deponie im Kiessandtagebau Wünsdorf
Auch wenn für die meisten Projekte eine Genehmigung noch aussteht, ist doch sehr wahrscheinlich, dass diese Vorhaben umgesetzt werden. Die zuständige Genehmigungsbehörde, das Landesamt für Umwelt in Potsdam, hat jedenfalls keine Bedenken. Die erste Hürde ist auch schon überwunden. Das ist die Frage nach dem Bedarf. Der ist vorhanden, wie die 2015 veröffentlichte Studie eines Berliner Ingenieurbüros und die dazugehörige Stellungnahme des Landesumweltamtes zeigt.
Auch sonst sieht die Behörde kaum Hindernisse. Enteignungen etwa sind nicht erforderlich, wie Ulrich Stock vergangenes Jahr auf einem Fachkongress in Berlin berichtete. Stock leitet im Landesumweltamt die Abteilung Technischer Umweltschutz. Der Mann hat den Überblick. Ihm zufolge befinden sich alle Grundstücke, auf denen neue Deponien entstehen sollen, bereits im Besitz der künftigen Betreiber.
Und noch eine andere Sache vereinfacht ihm und seinen Mitarbeitern das Verfahren, wie Stock verriet: „In Ostdeutschland gibt es hier und da die Möglichkeit, Altgenehmigungen aus der DDR zu nutzen.“
Proteste der Bevölkerung
Im Grunde steht nur noch einer den Deponieplänen im Weg: der Bürger. Ulrich Stock glaubt zwar, dass „die Nutzung von durch bergbauliche Tätigkeit vorbelasteten Standorten“ bei den betroffenen Menschen auf größere Akzeptanz stößt. Für den Kiessandtagebau in Alt Golm mag das auch zutreffen. Anderswo aber ist das Gegenteil der Fall.
Alarmstimmung herrscht zum Beispiel in Neuendorf, einem Ortsteil der Gemeinde Löwenberger Land. „In unserem Wald soll eine Mülldeponie errichtet werden. Das zu verhindern sind wir unseren Kindern und Kindeskindern schuldig“, fordert die lokale Bürgerinitiative. Sie besteht auf die Wiederaufforstung der Kiesgrube Neuendorf. So wie es in der Genehmigung zum Betrieb des Tagebaus einst vereinbart worden sei.
Auch rund um die Kiesgruben Luggendorf und Fresdorfer Heide regt sich Widerstand. In beiden Tagebauen wurden in der Vergangenheit illegale Deponien betrieben, was zusätzlich für Misstrauen sorgt.
Asche aus Kraftwerken, Schlacke aus Stahlfabriken
Das Landesamt für Umwelt zweifelt aber weder an den Betreibern noch an den Standorten und schon gar nicht am Bedarf. Läuft alles wie geplant, dann entstehen in Brandenburg neue Deponiekapazitäten von insgesamt 25 Millionen Kubikmetern. Zum Vergleich: In Berlin und Brandenburg fallen jährlich rund 6,5 Millionen Kubikmeter Bauschutt und andere mineralische Abfälle an, die auf diesen Deponien abgelagert werden könnten. Die große Masse wird zurzeit allerdings wiederverwertet. Nur ein ganz geringer Teil muss tatsächlich deponiert werden.
Trotz hoher Verwertungsquoten bekommt Brandenburg vermutlich noch mehr neue Endlager, wie Ulrich Stock auf der Tagung in Berlin weiter berichtete: „In Vorgesprächen oder bei anderen Gelegenheiten wurden für weitere Vorhaben mehr oder weniger konkret Absichtsbekundungen abgegeben.“ Wenn aus diesen Absichten Deponien werden, dann erhöht sich das gesamte Volumen nach Stocks Berechnung auf bis zu 46 Millionen Kubikmeter. Ein bestimmter Typ von Deponie ist dabei besonders stark vertreten.
Deponien werden in Deutschland in fünf verschiedene Typen unterteilt. Die Unterteilung reicht von Klasse 0 für unbelasteten Abfall bis Klasse 4 für giftigen Sondermüll. Das Gros der neuen Müllhalden in Brandenburg werden Deponien der Klasse 1 – für Schutt vom Bau, Sande aus Gießereien, Asche aus Kraftwerken und Schlacke aus Stahlfabriken. Rund 80 Prozent der geplanten und angedachten Kapazitäten entfallen allein auf diesen Deponietyp.
Dieser Beitrag ist Teil einer größeren Recherche über den nächsten Müllrausch in Brandenburg. Die Arbeit wurde durch den Verein „Netzwerk-Recherche“ und mit einem Stipendium der gemeinnützigen Olin gGmbH gefördert.
Weil außerdem Privatpersonen meine Recherchen unterstützen, konnte ich an diesem Thema dranbleiben: