Zwei brandenburgische Entsorgungsunternehmer häufen seit Jahren auf ihren Betriebsstätten illegal Müll an. Die Staatsanwaltschaften haben sich bereits mit den Fällen befasst. Das Landesumweltamt kennt die Übeltäter, wirkt aber hilflos.
Plastikmüll, der sich zu haushohen Wänden auftürmt. Alte Matratzen, die in einer abbruchreifen Fabrikhalle haufenweise vor sich hin gammeln. Rostige Tanks, aus denen Öl tropft und andere gefährliche Abfälle wie Asbest und Teerpappe – überall auf einem weitläufigen Betriebsgelände im Osten von Fürstenwalde verteilt sich der Dreck. Insgesamt mindestens 11.000 Tonnen. Alles illegal abgelagert, wie das Umweltministerium in Potsdam im September mitgeteilt hat.
Matthias Rudolph, Bürgermeisterkandidat in Fürstenwalde, ärgert sich über den Müll so sehr, dass er ihn sogar auf seinen Wahlplakaten zeigt. Er sagt, dass er die Abfälle auf diese Weise sichtbar machen will. „Sie wurden einfach abgekippt und so versteckt, dass sie niemand sehen kann“, erklärt Rudolph und fordert: „Die Abfälle müssen fachgerecht entsorgt werden.“
Ein Abfalllager, mehrere Firmen
Auf dem Gelände unweit der Spree hatte zuletzt eine Recyclingfirma namens TRG ihren Sitz. Recycelt hat sie aber nur bedingt. Sie hat vor allem eines getan: Müll angehäuft. Vor drei Jahren ging die Firma Pleite. Verantwortlich ist aber nicht nur diese eine Firma. Mehrere Unternehmen haben hier mitgemischt. Ein Geschäftsführer war aber immer derselbe: Bodo G., ein Unternehmer aus Bad Saarow. Er ist auch einer der Grundstückseigentümer.
Das Landesamt für Umwelt (LfU) als zuständige Behörde hat versucht, G. in die Schranken zu weisen – mit Verfügungen zur Beseitigung des Mülls und zur Stilllegung des Betriebs, mit Annahmestopps und Zwangsgeldern. „Wir haben eine ganze Menge Verfügungen erlassen, doch die wurden in der Regel angegriffen“, erklärt Jörg Lieske, Abteilungsleiter beim LfU. Das heißt: G. hat sich mit seinem Anwalt zur Wehr gesetzt und damit den Vollzug der Verfügungen blockiert.
Neue Genehmigung trotz Strafanzeige
Das LfU ließ nicht locker und zeigte G. am 23. Januar 2013 wegen der illegalen Ablagerungen bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder an. Nur anderthalb Monate später genehmigte es G. auf demselben Gelände paradoxerweise die nächste Abfall-Anlage. „Die persönliche Zuverlässigkeit wird im Genehmigungsverfahren nicht geprüft“, teilt die Behörde dazu auf Nachfage mit. Es dauerte kein halbes Jahr, bis wieder gegen Auflagen verstoßen wurde und sich auch rund um diese Anlage der Müll auftürmte.
Die Konsequenzen für G. sind überschaubar. Weil seine alten Firmen bankrott sind, müssen andere den Müll wegräumen. Das Landesamt für Umwelt sucht etwa nach den Abfallproduzenten, um sie in die Pflicht zu nehmen. Das Strafverfahren gegen G. und seine Ehefrau, die in die Müll-Geschäfte ihres Mannes verwickelt war, wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von je 5.000 Euro am 18. August 2016 eingestellt.
Legaler Müll neben illegalem
Doch der Müll kam weiter. Nur vier Tage nach Einstellung des Verfahrens, bei einer Kontrolle am 22. August 2016, entdeckten Mitarbeiter des LfU, dass zu dem alten Abfall „frisches Material hinzugekommen ist“. Das ist Akten der Behörde zu entnehmen, die dem rbb vorliegen. Zwischen all dem illegalen Dreck darf G. auch weiterhin legal Bauschutt annehmen und verarbeiten. Weder die Umweltbehörde noch die Justiz können Müll-Unternehmer wie Bodo G. aufhalten.
Dass dies kein Einzelfall ist, zeigt der Blick auf eine Liste, die die Landesregierung vergangenen September veröffentlicht hat. In diesem Papier sind rund 80 illegale Abfalllager, die in die Zuständigkeit des Landes fallen, aufgeführt. Einige bestehen seit den 1990er Jahren, andere sind erst in jüngerer Vergangenheit hinzugekommen.
180.000 Tonnen Schutt ohne Genehmigung
Zu den jüngeren Abfalllagern zählt auch ein Privatgrundstück in Brieselang im Ortsteil Bredow. Hier lagern ohne Genehmigung 180.000 Tonnen Straßenaufbruch und Bodenaushub, umgerechnet rund 7.200 LKW-Ladungen Abfall.
Erstmals stießen Kontrolleure vor sieben Jahren auf dieses illegale Lager. Damals waren es erst ein paar tausend Tonnen. Die Behörde forderte den Betreiber, den ortsansässigen Unternehmer Alexander R., auf, den Müll zu entsorgen und den Betrieb einzustellen. Doch R. legte Widerspruch ein. Das war der Beginn einer bis heute andauernden Auseinandersetzung.
Tätigkeit im „strafrelevanten Bereich“
Weil die Abfallberge größer statt kleiner wurden, zog das LfU im April 2015 das Kommissariat „Schwere Umweltkriminalität“ der Brandenburger Polizei hinzu. „Es kann nicht hingenommen werden, dass Herr R. weiterhin im strafrelevanten Bereich tätig ist“, heißt es in den Akten der Behörde. Im selben Jahr beschloss das Landesumweltamt durchzugreifen und das Grundstück abzuriegeln.
Als die Behördenmitarbeiter im Mai 2015 jedoch die Versiegelung durchführen wollten, kam es laut amtlichen Unterlagen zum Streit. R. verbot ihnen, das Gelände zu betreten. Es dauerte noch fast ein Jahr, ehe sich die Behörde durchsetzen konnte und das Gelände einzäunen ließ. Doch es blieben Lücken im Zaun und die sorgen weiter für Ärger.
„Der illegale Betrieb wird fortgeführt“
R. zog durch alle gerichtlichen Instanzen, um die Versiegelung rückgängig zu machen – erfolglos. Zuletzt wies im März 2017 das Oberverwaltungsgericht Potsdam sein Anliegen ab. Doch das kümmerte ihn offenbar wenig. Im September 2017 stellten Kontrolleure des LfU die Anlieferung von neuen Abfällen fest. In einem Behördenschreiben an den Anwalt von R. hieß es dazu: „Ihr Mandant hält sich weiterhin nicht an die Stilllegung. Der illegale Betrieb wird fortgeführt.“
Zuletzt beschäftigte dieses Abfalllager auch die Staatsanwaltschaft Potsdam. Mittlerweile hat sie am Amtsgericht Potsdam Anklage wegen unerlaubten Betreibens einer Anlage eingereicht. „Im Fall eines Schuldspruchs drohen dem Angeklagten eine Freiheitsstrafte von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe“, teilt ein Gerichtssprecher auf Nachfrage mit.
Geldstrafe oft die einzige Sanktion
Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen aber, dass die Betreiber häufig mit einer Geldstrafe oder einer Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage davonkommen und dann – wie im Fall des Unternehmers aus Fürstenwalde – einfach weitermachen.
Wir wollten Bodo G. und Alexander R. zu ihren Mülllagern in Fürstenwalde beziehungsweise Brieselang befragen. Doch weder G. noch R. reagierten auf Interview-Anfragen. Auch schriftlich übersandte Fragen ließen sie unbeantwortet.
Dieser Beitrag ist zuerst am 6. Februar 2018 bei rbb24 erschienen.