Gefälschte Identitäten, gesetzeswidrige Löhne, 40 Strafverfahren: Zoll deckt Schwarzarbeit in der Abfallbranche auf

Fast 500 Unternehmen der deutschen Abfallwirtschaft bekamen Mitte November unerwarteten Besuch vom Zoll. In hunderten Fällen wird jetzt wegen des Verdachts der Schwarzarbeit und anderer Vergehen ermittelt.

Es war eine großangelegte, bundesweite Kontrolle. Sie ging am 10. November über die Bühne, wie der Zoll erst eine Woche später öffentlich mitteilte. Mehr als 2.000 Zöllnerinnen und Zöllner seien im Einsatz gewesen. Sie kontrollierten rund 6.800 Beschäftigte der Abfallwirtschaft, befragten sie nach ihren Arbeitsverhältnissen und überprüften Geschäftsunterlagen der betroffenen Unternehmen.

Im besonderen Fokus haben laut Zoll Recyclingfirmen, Entsorgungsfachbetriebe, Containerdienste, Schrotthändler sowie Altkleider- und Autoverwerter gestanden. Das Ergebnis der Überprüfung: 40 Strafverfahren, die insbesondere wegen der Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen und wegen illegalen Aufenthalts noch an Ort und Stelle eingeleitet worden seien. In fast 1.000 Fällen mit „Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten“ sei weitere Aufklärung erforderlich.

Moldauer mit rumänischen Pässen

Für zehn Männer, die dem Hauptzollamt Hamburg aufgefallen sind, ging es sogar direkt ins Gefängnis. Sie hatten sich Ausweise von anderen Personen beschafft und damit Arbeit „in zwei namenhaften Recycling-Unternehmen“, wie der Zoll berichtete. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft seien die Beschuldigten in Untersuchungshaft genommen und Strafverfahren gegen sie aufgenommen worden.

Die Methode mit den gefälschten Identitäten ist offenbar verbreitet. Das Hauptzollamt Karlsruhe überführte sieben Männer aus Moldawien, die das EU-Mitglied Rumänien als ihre Heimat angegeben hatten. Auch bei einem Abfallunternehmen im Landkreis Barnim (Brandenburg) gab sich ein moldawischer Staatsbürger als Rumäne aus.

Ganz ohne Papiere arbeitete ein Mazedonier bei einem Entsorgungsbetrieb im Kreis Limburg-Weilburg (Hessen). Sieben lange Jahre – bis das Hauptzollamt Gießen auf den 62-Jährigen aufmerksam wurde und ihn vorläufig festnahm.

Verstöße beim Mindestlohn

Ein besonderes Augenmerk der Großkontrolle lag nach Angaben des Zolls auf der Einhaltung des Mindestlohns. Die Abfallwirtschaft muss ihren Beschäftigten seit dem 1. Oktober dieses Jahres einen branchenspezifischen Tariflohn von mindestens 10,25 Euro pro Stunde zahlen. Doch längst nicht alle Arbeitgeber machen das, wie sich nun zeigte. Von Kiel bis Regensburg, von Duisburg bis Dresden hat so gut wie jedes Hauptzollamt, das an der Kontrolle beteiligt war, Verstöße festgestellt.

Mit Abstand die meisten Fälle sind den Zöllnern aus Karlsruhe untergekommen. Von den rund 400 Arbeitnehmern, die sie zu ihrem Einkommen befragten, erhielten mehr als 70 nicht den vorgeschriebenen Mindestlohn. Beinah jeder Sechste verdiente demnach weniger als ihm zustand. In einem Fall habe der Arbeitgeber nur sechs Euro gezahlt. Gegen ihn, so der Zoll weiter, sei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt eingeleitet worden.